Bargeldlos in Fernost – so funktioniert mobiles Bezahlen in China

In Deutschland wird seit Jahren über mobiles Zahlen diskutiert, in China ist das bereits Realität. Handelsblatt-Korrespondent Stephan Scheuer stellt vor, wie Chinesen in Peking ohne Bargeld auskommen.

China ist ein Land der Gegensätze: Auf der einen Seite gibt es noch traditionelle Märkte, auf denen Bauern ihre Waren feilschen, auf der anderen Seite gibt es moderne Metropolen, in denen Wolkenkratzer und Hochgeschwindigkeitszüge das Bild prägen. Doch eines haben die meisten Chinesen gemeinsam: Sie bezahlen fast alles mit ihrem Smartphone.

Wichtige Fragen und Antworten zum mobilen Bezahlen in China

Aktualisiert im Mai 2025

Bargeldlos in Fernost – so funktioniert mobiles Bezahlen in China

zuletzt aktualisiert im Mai 2025

China ist ein Land der Gegensätze: Auf der einen Seite gibt es noch traditionelle Märkte, auf denen Bauern ihre Waren feilschen, auf der anderen Seite moderne Metropolen mit Hochgeschwindigkeitszügen und Super-Apps. Doch eines haben die meisten Chinesinnen und Chinesen gemeinsam: Sie bezahlen fast alles mit ihrem Smartphone.

Wie funktioniert mobiles Bezahlen in China?

Mobiles Bezahlen ist in China zur Normalität geworden. Bereits 2019 nutzten laut Zentralbank rund 86 Prozent der Bevölkerung mobile Zahlungsdienste – und 2025 sind es noch mehr: Über eine Milliarde Chines:innen zahlen heute mit dem Smartphone, selbst für kleinste Beträge. Nur noch wenige Menschen tragen regelmäßig Bargeld mit sich herum.

Das Prinzip ist einfach: Die Nutzer:innen verbinden ihre Bankkarte oder Kreditkarte mit einer App – typischerweise Alipay oder WeChat Pay. Diese generiert dann einen QR-Code, der an der Kasse gescannt wird. Alternativ scannt man selbst den Code des Händlers. Die Transaktion wird innerhalb von Sekunden abgewickelt. Auf traditionellen Märkten, im Taxi, im Supermarkt oder beim Straßenhändler: Mit einem einzigen Scan ist alles erledigt.

Diese Bequemlichkeit hat dafür gesorgt, dass mobiles Bezahlen Bargeld fast vollständig verdrängt hat. In Städten wie Peking oder Shanghai ist es sogar vorgekommen, dass Händler Bargeld gar nicht mehr akzeptieren wollten – obwohl das gesetzlich nicht erlaubt ist. Die Zentralbank hat mehrfach betont, dass Bargeld als gesetzliches Zahlungsmittel überall angenommen werden muss.

Welche Firmen sind die wichtigsten Anbieter?

Die zwei dominierenden Anbieter heißen WeChat Pay (vom Tech-Riesen Tencent) und Alipay (von der Alibaba-Tochter Ant Group). Sie halten zusammen über 90 % Marktanteil im mobilen Zahlungsverkehr. Beide Apps bieten längst mehr als nur Zahlungen: Überweisungen, Versicherung, Reisebuchungen, Terminvereinbarungen – alles ist integriert.

WeChat Pay ist in die Messenger- und Social-App WeChat eingebettet, die über 1 Milliarde monatlich aktive Nutzer:innen zählt. Alipay ist eng mit Chinas größter Online-Handelsplattform Taobao verknüpft. Beide Dienste lassen sich bequem mit chinesischen Bankkonten verbinden – oder seit einiger Zeit auch mit ausländischen Kreditkarten.

Was lässt sich in China mit dem Smartphone bezahlen?

Kurz gesagt: Fast alles. Ob im Supermarkt, im Restaurant, im Taxi, im Kino, bei der Müllgebühr, auf dem Wochenmarkt oder beim Straßenhändler – überall stehen QR-Codes bereit. Sogar Bettler kleben QR-Codes auf Kartons oder Schilder, um Spenden digital zu empfangen.

Auch Sharing-Angebote wie Fahrräder oder Elektroroller laufen über diese Apps. Die Nutzer:innen scannen einen Code am Fahrrad, es entriegelt sich automatisch, und am Ende wird der Betrag automatisch abgebucht. Öffentliche Verkehrsmittel, Tankstellen, Strom- oder Wasserrechnungen, Apotheken – all das kann per Smartphone bezahlt werden. Der Geldfluss ist lückenlos digital.

Können Tourist:innen in China auch mobil bezahlen?

Ja – und das ist eine der wichtigsten Neuerungen der letzten zwei Jahre. Früher war das extrem schwierig, weil man ein chinesisches Bankkonto und eine chinesische Telefonnummer brauchte. Seit 2023/2024 haben sowohl Alipay als auch WeChat Pay ihre Systeme für ausländische Tourist:innen geöffnet. Man kann nun eine Visa- oder Mastercard (Kreditkarte oder Debitkarte) hinterlegen.

Dafür muss man:

  1. Die jeweilige App aus dem App Store (Alipay oder WeChat) laden.
  2. Sich mit Reisepass und Telefonnummer registrieren (auch ausländisch).
  3. Die Kreditkarte verknüpfen (Visa oder Mastercard).
  4. Per QR-Code im Laden bezahlen – wie Einheimische.

Das System funktioniert erstaunlich gut. Allerdings sollte man beachten, dass manche Hinweise in der App nur auf Chinesisch erscheinen und Hilfe von Einheimischen oder guter Vorbereitung hilfreich sein kann. Auch bleibt die QR-Code-Praxis gewöhnungsbedürftig: Fast alles läuft über Scans – nicht über klassische Karten-Terminals.

Weitere Informationen finden Sie hier:

Ist ein chinesisches Bankkonto notwendig?

Nein – seit der Öffnung für Tourist:innen reicht eine internationale Kreditkarte in Kombination mit einem Reisepass. Trotzdem gibt es Einschränkungen:

  • Wechselgebühren können relativ hoch sein.
  • Es gibt teilweise Limits für Höchstbeträge.
  • Nicht jeder Händler unterstützt Kartenzahlungen über das Touristen-Modell.

Eine Alternative: Die chinesische Zentralbank bietet die sogenannte e-CNY-App an – das Wallet für den digitalen Yuan. Auch dort lassen sich Visa- und Mastercard-Karten aus dem Ausland hinterlegen. Damit ist e-CNY besonders für Tourist:innen eine zusätzliche Option.

Weitere Informationen zum digitalen Yuan:

Was ist der digitale Yuan (e-CNY)?

Der digitale Yuan, auch e-CNY genannt, ist die staatlich ausgegebene digitale Währung Chinas. Anders als Alipay und WeChat Pay, die Banktransaktionen über Apps ermöglichen, ist e-CNY echtes Zentralbankgeld – also digitales Bargeld.

Der Vorteil: Man braucht kein chinesisches Bankkonto, die e-CNY-App lässt sich direkt mit ausländischen Telefonnummern und Kreditkarten nutzen. Die Zahlweise ist ebenfalls QR-Code-basiert und funktioniert sogar offline (via NFC oder Bluetooth), was besonders in ländlichen Regionen oder bei Netzproblemen praktisch ist.

Bislang hat e-CNY nur einen geringen Marktanteil im Vergleich zu den großen Plattformen, wird aber strategisch ausgebaut. 2025 kann man damit in Pilotstädten und in vielen Touristenzentren bereits zuverlässig bezahlen.

Wird biometrisches Bezahlen (z.B. Gesichtserkennung) genutzt?

Ja – und zwar zunehmend. In vielen Fast-Food-Ketten oder Supermärkten gibt es Geräte zur Gesichtserkennung. Einmal registriert, reicht ein kurzer Blick in die Kamera und der Betrag wird automatisch vom Wallet abgezogen. Besonders Alipay hat dieses System unter dem Slogan „Smile to Pay“ beworben.

Gleichzeitig gibt es Datenschutzbedenken. 2025 hat die chinesische Datenschutzbehörde Regelungen eingeführt, wonach keine Pflicht zur biometrischen Zahlung bestehen darf. Wer das Feature nicht nutzen möchte, kann weiterhin manuell per App oder QR-Code bezahlen.

Vertiefende Lektüre:

Gibt es neben Alipay und WeChat Pay Alternativen?

Ja – einige. Sie spielen allerdings im Alltag der meisten Menschen kaum eine Rolle:

  • UnionPay Cloud QuickPass: Der staatlich unterstützte Dienst ist vor allem für klassische Bankkund:innen interessant.
  • JD Pay und Meituan Pay: Plattforminterne Wallets für Einkäufe oder Bestellungen.
  • Douyin Pay: Vom TikTok-Mutterkonzern ByteDance, vor allem für In-App-Zahlungen in der chinesischen Douyin-App.
  • e-CNY: Die staatliche digitale Währung, wie oben beschrieben.
  • Apple Pay / Google Pay: In China technisch verfügbar, aber mit sehr geringer Verbreitung.

Welche regulatorischen Entwicklungen gibt es?

  • Die chinesische Regierung hat seit 2020 stark in den Fintech-Sektor eingegriffen – u.a. durch die Aufspaltung von Ant Group (Alipay) und Milliardenstrafen gegen Tencent und Alibaba.
  • Seit 2023 müssen Plattformen ihre QR-Codes interoperabel gestalten – d.h. ein Code kann mehrere Bezahldienste unterstützen.
  • Die Integration des digitalen Yuan in bestehende Plattformen ist politisch gewollt und technisch im Aufbau.
  • Gesichtserkennung darf nicht erzwungen werden – alternative Methoden müssen angeboten werden.

Weiterführende Links zur Regulierung:

Diese Seite wurde zuletzt im Mai 2025 überarbeitet und basiert auf öffentlich zugänglichen Quellen wie Chinas Zentralbank PBoC, SCMP, Caixin, Reuters und Handelsblatt.